Bildungslücke Fremdsein 2015Unser erstes großes Interkulturelle Projekt fand 2015 statt. Die Arbeitsstelle Kulturelle Bildung und das Ev. Bildungshaus in Rastede beteiligten sich mit einer Lebendigen Bibliothek am Programm des Deutschen Evangelischen Kirchentages, der vom 3. bis 07. Juni 2015 in Stuttgart stattfand.

18 Frauen und Männer unterschiedlichen Alters, die nicht in Deutschland geboren waren, trafen auf Kirchentagsbesucherinnen und Kirchentagsbesucher, die in einem persönlichen Gespräch mehr über Menschen mit Migrationshintergrund erfahren wollten. Zur Gruppe gehörten Menschen aus folgenden Ländern: Afghanistan, Elfenbeinküste, Niederlande, Ukraine,  Mexiko, Österreich, Syrien, Panama, Deutschland, Nicaragua,  Vietnam, Myanmar, Usbekistan. Für die geflüchteten Menschen war es das erste Projekt, an dem sie hier teilgenommen hatten.

An mehreren Wochenenden im Ev. Bildungshaus Rastede haben sich die Teilnehmenden kennengelernt und auf die Begegnungen in Stuttgart vorbereitet.

Einer der Teilnehmer, Jean- Eric Dogbossiè (Doudou), der in Oldenburg lebt, wurde von einem Filmteam des SWR, gemeinsam mit einer schwäbischen Diakonissin über den Kirchentag begleitet und damit rückte auch das Projekt Lebendige Bibliothek in den Focus. Der Beitrag wurde am Schlusstag des Kirchentages im ARD-Programm gezeigt.

https://www.youtube.com/watch?v=b4CA40UisM0

Teilnehmende des Projektes haben danach an weiteren Lebendigen Bibliotheken teilgenommen, u.a. beim Oldenburger Kultursommer am Thementag „Global Lokal“.

Lebendige Bibliothek in Rastede am 07. bis 09. Dezember 2018

An diesem Wochenende bereiten wir mit zahlreichen Teilnehmenden eine Lebendige Bibliothek vor. Am Sonntagmorgen besteht für Gäste die Möglichkeit im Bildungshaus unsere „Bücher“ kennen zu lernen. Weitere Informationen erfolgen  im Herbst 2018 an dieser Stelle.

 

Hintergrund der Lebendigen Bibliothek

Die Living Library (Lebendige Bibliothek) ist eine besondere Veranstaltungsform, die der mündlichen Kommunikation dient. Organisiert wird eine Lebendige Bibliothek in Form einer Leihbibliothek.

LeserInnen entleihen sich ein Buch, beschäftigen sich für eine bestimmte Zeit mit diesem und bringen es schließlich zurück. Allerdings handelt es sich bei diesem Buch der Lebendigen Bibliothek nicht um typische Informationsträger einer Bibliothek, sondern um Menschen, die sich für ein Gespräch zur Verfügung stellen. Die „Lebenden Bücher“ gehören Personengruppen an, die mit Vorurteilen, Stereotypisierung und sozialer Ausgrenzung konfrontiert sind.

Die „Entleiherin“ beziehungsweise der „Entleiher“ bekommt die Möglichkeit, mit Menschen zu sprechen, mit denen sie oder er sonst nicht oder nur erschwert in einen Dialog treten würde. Oftmals bestehen gegenüber verschiedenen Personengruppen Vorurteile, welche durch die Living Library hinterfragt werden können. Die Living Library fordert auf, sich in Form eines Dialoges ein eigenes Bild des Gegenübers zu machen. Bestehenden Vorurteilen soll so begegnet und die Möglichkeit gegeben werden, sich persönlich zu informieren.

Die Idee der Living Library ist auf die dänische Jugendinitiative Stop the Violence zurückzuführen. Stop the Violence stellte ihre aktive Tätigkeit 2001 nach 8-jährigem Bestehen ein und konnte zeitweise 7000 Mitglieder, meist zwischen 12 und 18 Jahren verzeichnen. Das Ziel der Initiative war die Beteiligung von Jugendlichen in der aktiven Vorbeugung gegen Gewalt und Vorurteile.

Living Library wurde von Stop the Violence erstmals im Jahr 2000 auf dem Musikfestival im dänischen Roskilde organisiert und erfolgreich durchgeführt. Es folgten zahlreiche Festivals, bei denen die Living Library ein fester Bestandteil war, bis das Konzept 2003 als Teil des vom Europarat geförderten Programms Youth promoting human rights and social cohesion weiterentwickelt, breiter beworben und gefördert wurde.

Ursprünglich ein typisches „small event within a large event“, haben zahlreiche Organisationen in Europa und darüber hinaus die Möglichkeiten und Perspektiven des Konzeptes Living Library erkannt und adaptiert. So finden sich „Lebende Bücher“ weiterhin auf Musikfestivals, darüber hinaus auch auf Buchmessen, Schulen, Jugendkongressen und verstärkt auch in Bibliotheken wieder.

Ziele

Die Lebenidge Bibliothek ermöglicht die direkte Kommunikation zwischen Menschen, die aus verschiedenen Gründen kaum Möglichkeit zu einem individuellen Dialog haben. Gerade dieser recht allgemeine Ansatz bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten für dessen Nutzung in unterschiedlichen Kontexten. Das grundlegende Konzept kann mit dem aus der internationalen Anti-Rassismus-Bewegung bekannten Motto „A stranger is a friend you haven’t met yet“ umrissen werden.

Living Library bietet einen Weg an, Menschen zu einem persönlichen Gespräch zu animieren. Gerade in Verbindung mit der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, stellt sie ein wichtiges Werkzeug dar, um Scheu und Kontaktangst vor „Fremden“, speziell solchen, die statistischen Minderheiten einer Gesellschaft zugerechnet werden, zu nehmen. Der offene Umgang mit unterschiedlichsten Menschen in einer vielfältigen Gesellschaft kann so gefördert und ein grundlegendes Bewusstsein für Toleranz und Menschenrechte geschaffen werden.

Je nach Ausprägung und Zielsetzung bieten sich zahlreiche Lernfelder, die durch eine Living Library abgedeckt werden können. Vom Erkenntnisgewinn sowohl des „Entleihers“, wie auch des „Lebenden Buches“ bis hin zur Erlangung von sozialen Kompetenzen im Umgang mit „Fremden“, unabhängig vom jeweiligen Kulturkreis.

https://strukturierter-dialog.de/fileadmin/00-Daten-Strukturierter-Dialog/01-Downloads/01e_Downloads_Methoden/Handreichung_Lebendige_Bibliothek_CoE-DNK.pdf